Samstag, 28. September 2013

Warum Sonntag morgen Freitag ist

Ich hatte ja bereits angedeutet, dass es einige Probleme mit meiner Schule gab:
Ich durfte nämlich bisher nur schweigsam dem Englischunterricht anderer Lehrer beiwohnen, der zu 99% auf Chinesisch ablief. Das war nicht nur langweilig, es war auch nicht meine vorgesehene Aufgabe. Den Rest der Zeit musste ich mit Caroline im Büro absitzen.
Nachdem ich also 2 Wochen damit verbrachte zu observieren und dafür zu kämpfen, dass meine Schule(n) endlich den unterzeichneten Vertrag einhalten und mich mindestens 10 Stunden die Woche unterrichten lassen, konnte ich am Mittwoch endlich meine erste Unterrichtsstunde halten.

Laut Stundenplan sollte ich die sogenannte "Interesting English Class" leiten, die Aufgabe klang recht simpel: "Schau dir mit den Kindern Filmausschnitte an und werte diese aus, stelle Fragen zum Inhalt, analysiere wichtige Szenen - kurz; mach es interessant und abwechslungsreich."
Diese Auskunft bekam ich übrigens am Dienstag Abend. Da mir niemand Auskunft darüber erteilen konnte, was wir da anschauen sollten, verließ ich mich einfach mal auf meine Improvisationskünste.
In der Schule angekommen, kam es wie es kommen musste: Die Technik funktionierte nicht.
Vorrauschauend wie ich war, hatte ich einen Notfallstundenplan vorbereitet. Vergesslich wie ich bin, lag dieser neben meiner Müslischüssel auf dem Küchentisch zu Hause.
Die Frage an die eigentliche Englischlehrerin der Klasse, welches Thema denn das letzte gewesen sei oder ob es ein Thema gebe, das ich unterrichten könnte, wurde mit "Oh...ehh..I don' know" beantwortet.
Ich stand also vor 52 6.-Klässlern und wusste nicht so recht was zu tun war.
Ich fing also an aus dem Kopf meinen Notfallplan zu unterrichten, der sich nach 2 Minuten als viel zu schwer für die armen Schüler erwies.
Daraufhin fragt ich erneut bereits erwähnte Englischlehrerin (die eigentlich meine Assitentin sein soll) nach einer Idee.
Ihre Antwort: "Let them make some name tags  and teach them how to introduce themselves.." - nicht sehr aufregend, aber machbar.
Als eben jene 52 6.-Klässler mit dem Beschriften ihrer Namensschilder beschäftigt waren, öffete sich die Tür  und (ÜBERRASCHUNG) eine 8. Klasse von weiteren 52 Schülern stürmte das Klassenzimmer - man teilte mir mit, dass das so sein müsse.
Nun gut, da saßen also 104 (!!!) Kinder und eine eher schweigsame "Assistentin" vor mir und ich sollte "mal was machen".
"How to introduce yourself" mag ja für 6.-Klässler noch angemessen sein, bei den 8.-Klässlern sorgte dies jedoch für Langeweile.
Da mir dann aber spontan nicht einfiel, wie man 104 Kinder mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen unterrichten sollte, zog ich die "Introduction"-Theamtik einfach durch.

Fazit: Es war für alle beteiligten verwirrend, für die meisten Schüler langweilig und ich war froh, dass irgendwie überlebt zu haben.

Am Donnerstag und Freitag konnte ich jeweils 2 Unterrichtsstunden mit Lehrbuch (das macht es viel einfacher) und vorgegebener Thematik unterrichten. Das lief abgesehen von kleinen Anfängerfehlern recht gut.

Dadurch, dass es an der JH (die Schule, die bei mir um die Ecke liegt) aber noch zu unerwarteten Ausfällen kam, durfte ich dann gestern noch spontan eine 2-stündige "E-Zone" leiten.
E-Zone steht für English Zone und ist eine eher lockere Gesprächsrunde mit Schülern unterschiedlichen Alters. Die E-Zone gestaltet sich wieder Erwarten (ich war ja wieder komplett unvorbereitet, da ich ja nur stellvertretend eingesprungen bin) sehr angenehm: Es ware ca. 10 Schüler anwesend, die meisten 19 oder 20 Jahre alt, ein Mädchen war 12 und die andere 17 Jahre alt. Alle können aber ziemlich gut Englisch sprechen und hatten konkrete Fragen und Thematiken über die sie sprechen wollten, was es es für mich viel einfacher machte. Um ehrlich zu sein, war es der erste Unterricht hier, der mir richtig Spaß gemacht hat.

Nach dieser hektischen Phase hatte ich mich sehr auf meinen Samstag gefreut.....heute Morgen klopfte dann Carro (Schwedische Version wird mit "rr" geschrieben ;-)) an meine Tür: "Niiiiick..get up!! We have to teach in 20 minutes!!"Sie hatte einen Anruf von der Schulleiterin bekommen, dass wir auch heute bitte die abwesenden Lehrer vertreten sollen.
Ich bewegte mich also halb schlafend halb panisch aus dem Bett, unter die Dusche und anschließend Richtung Schule....Auch die heutigen 4 Stunden, die ich halten musste verliefen im Großen und Ganzen, besonders in Anbetracht der Umstände, recht glatt. Thema der Stunde waren übrigens die Jonas Brothers, das Lehrbuch ließ mir keine Wahl.

Und morgen ist Sonntag, bzw. wäre morgen Sonntag, aber da in China Ferientage im Voraus oder Nachhinein abgearbeitet werden müssen, ist der morgige Sonntag ein Freitag  - die Oktoberferien stehen nämlich kurz bevor.
Und somit darf ich mich morgen auf einen weiteren Arbeitstag freuen.


Abgesehen von diesem ganzen Chaos bin ich aber sehr froh, dass ich ENDLICH mit unterrichten beginnen konnte.

Abseits vom regulären Schulleben werde ich übrigens eine Hauptrolle in einem kurzen Theaterstück spielen, welches im Rahmen einer großen Feier der Middle School No.7  vorgeführt werden wird.
Und ja, dieses Stück ist komplett in Chinesisch 12 meiner 16 Sätze kann ich bereits, aber die letzten 4 sind die längsten, mal schauen wie ich das meister. ;-)

Ich spiele also einen Ausländer, der Tai-Chi lernen möchte. Der Tai-Chi-"Meister" hat aber keine Ahnung von Tai-Chi und kann mich nicht unterrichten.Anschließend betreten "meine" Freunde die Bühne und stellen ihre Kung Fu-Fähigkeiten unter Beweis.
Da der Ausländer (also ich) aber nichts gelernt hat, kann er sein Tai-Chi nicht vorführen und  schlägt vor, etwas zu singen.
Ich fragte die "Regisseurin" (eine andere Englischlehrerin), was ich denn singen sollte.
Sie sagte "something in German."
Ich spielte ihr einige Songs auf meinem iPod vor und ihre Wahl viel auf "Bis die Sonne rauskommt" von Samy Deluxe. In der finalen Szene singe ich dann also "Bis die Sonne rauskommt" und 14 Kinder tanzen um mich herum.

Das ganze Stück soll eine Komödie sein und bei bisherigen Proben zeigte sich, dass  anwesende Zuschauer regelmäßig in schallendes Gelächter ausbrachen - scheint zu funktionieren, verstehen tu ich es (noch) nicht.

So, mal schauen wie ich mich dann bei der Aufführung schlage.
Ab Dienstag sind dann Ferien, die ich in Shanghai verbringen werde - von dort kommt sicherlich der ein oder andere neue Eintrag.

Bis dahin, 再见

Nick

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